Pressemitteilung

Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze

Nächster Schritt im Beweidungsprojekt: Ab Mai 2024 grasen hier vier Heckrinder

 

Ein Zaun wird errichtet für Heckenrinder im Wald

Das Landschaftspflegeteam des Regierungspräsidiums Karlsruhe errichtet im April 2024 den Weidezaun für die Heckrinder auf einer Strecke von fast drei Kilometern.

Zur Erhaltung und Vergrößerung der artenreichen Heiden und offenen Grinden des Nordschwarzwaldes wird in diesem Jahr in dem an den Nationalpark Schwarzwald angrenzenden Naturschutzgebiet (NSG) Kniebis-Alexanderschanze, Landkreis Freudenstadt, im Kreuzungsbereich der B 500 und der B 28 die Weidefläche weiter vergrößert. Dafür werden ab Mai 2024 auf einer Fläche von rund 14 Hektar, zusätzlich zu den seit November 2023 dauerhaft dort weidenden Konik-Pferden (Pressemitteilung vom 9. November 2023), vier Heckrinder weiden.

Nachdem im Frühjahr 2023 zur Freilegung der Weidefläche bereits Gehölze zurückgeschnitten wurden (Pressemitteilung vom 19. Januar 2023), hat das Landschaftspflegeteam des Regierungspräsidiums Karlsruhe im April 2024 damit begonnen, Trassen für den Weidezaun anzulegen und Pfähle zu setzen. Anfang Mai können dann die Heckrinder auf die Weide gebracht werden.

Die Beweidung wird aus Finanzmitteln des Landes im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie und von der Stadt Freudenstadt im Rahmen des Ökokontos finanziert.

Von den ausgezäunten Wegen entlang der Weideflächen können die Tiere hautnah erlebt werden. Dabei gibt es ein paar wichtige Verhaltensregeln zu beachten: Die insgesamt drei Weideflächen sind durch zwei Übergänge für die Heckrinder miteinander verbunden. Auf diesen Übergängen kreuzen sich die Wege von Rindern und Wandernden. Sie dürfen daher nur dann passiert werden, wenn kein Heckrind in Sichtweite ist. Hunde sind zwingend anzuleinen, um sicherzustellen, dass sie nicht von einem sich verteidigenden Rind angegriffen werden. Die Weideübergänge sind zunächst nur zu Fuß passierbar; Fahrräder müssen über die eng gewinkelten Durchgänge getragen werden. Langfristig sind aber mit Gitterrampen versehene, befahrbare Übergänge vorgesehen.

Ziele der Beweidung

Durch die Beweidung mit den vier Heckrindern soll auf einer Fläche von insgesamt 28 Hektar ein lichter Weidewald geschaffen werden – so, wie er jahrhundertelang weit verbreitet war. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wurden Nutztiere wie Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe in den Wald getrieben, um dort zu weiden. Das werden nun die Heckrinder übernehmen und damit das NSG auf vielfältige Weise ökologisch bereichern: Der Dung der Pflanzenfresser verteilt Nährstoffe im Wald und dient spezialisierten Insekten als Nahrung, die wiederum die Lebensgrundlage für viele Vögel sind. Sowohl über den Dung, als auch über ihr Fell und die Hufe verteilen die Tiere außerdem zahlreiche Pflanzensamen auf der Weidefläche. Durch ihr Wälzen und Scharren entstehen offene Bodenstellen, die von Wildbienen als Brutstätte genutzt werden können. Und wenn die Heckrinder sich an Stämmen scheuern, Rinde abschälen oder von Sträuchern fressen, schaffen sie dadurch neue Lebensräume in Form von Rissen, Spalten oder Totholz für Käfer, Fledermäuse, Pilze und andere Waldbewohner. Eine solche angepasste Landschaftspflege ist aktiver Artenschutz und dient der Erhaltung der heimischen biologischen Artenvielfalt. Im NSG Kniebis-Alexanderschanze wird dies von Kommune, Naturschutz- und Forstverwaltung gemeinsam umgesetzt.

Hintergrund:

Waldbeweidung mit Heckrindern

Bis zu ihrer Ausrottung im Jahr 1627 trugen wildlebende Auerochsen zur Strukturvielfalt in den Wäldern bei. In den 1930er Jahren gelang den Gebrüdern Heck die Züchtung des Heckrindes, das – mit Ausnahme der Größe –wesentliche Merkmale des Auerochsen aufweist. Diese widerstandsfähige Rasse wird seit den 1980er Jahren in der Landschaftspflege zur Beweidung in Deutschland, den Niederlanden und Lettland eingesetzt. Auch im Nationalpark Schwarzwald bereichern Beweidungsprojekte mit Heckrindern die Artenvielfalt. So profitiert unter anderem die in Deutschland stark vom Aussterben bedrohte Kreuzotter von den Sonnenplätzen in aufgelichteten Wäldern. Sie braucht ungestörte Bereiche mit nacktem Fels, Steinhaufen, Totholz oder dichtem Heidelbeerbewuchs, um zum Sonnenbaden nicht auf asphaltierte Radwege ausweichen zu müssen, auf denen sie häufig überfahren wird. Ebenso kann das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn Lebensraum und Nahrung in den besonnten Heidelbeerflächen finden. Durch die Beweidung im Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze werden sich auch hier ausgedehnte Heideflächen entwickeln, die zahlreichen Schmetterlingen, Heuschrecken und Wildbienen als Nahrungsquelle, Versteck und Fortpflanzungsstätten dienen können.

Naturschutzgebiet Kniebis-Alexanderschanze

Das Naturschutzgebiet „Kniebis-Alexanderschanze“ wurde 1996 ausgewiesen und ist rund 190 Hektar groß. Diese Fläche umfasst ein Gebiet, das als historisch gewachsene Kulturlandschaft ein kleinräumiges, vielfältiges Mosaik aus artenreichen Wiesen, Borstgrasrasen, trockenen und feuchten Heideflächen sowie Gebüschen und Wäldern bildet.

Mit der Meldung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebieten für das europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 steht das Naturschutzgebiet seit fast 20 Jahren auch unter europäischem Schutz. Es gehört zum FFH-Gebiet „Wilder See Hornisgrinde und Oberes Murgtal“ sowie zum Vogelschutzgebiet „Nordschwarzwald“.

Weitere Informationen

Informationen zum Konzept der modernen Waldweide

Lebensraum Grinden und Trockene Heiden 

Nationalpark Schwarzwald - Flora und Fauna